Probebetrieb: Ein Ernstfall für die Sicherheit

Was Verantwortliche (nicht nur) im Elektro­bereich wissen und beachten sollten – 
Tipps von Stefan Euler auf dem Experten­netzwerk des hdt

„Die meisten Fehler passieren beim Abschließen von Verträgen. Schon hier sind beispielsweise die unterschiedlichen Betriebsphasen zu berücksichtigen: Wer ist jeweils der Anlagenverantwortliche, wie ist das Freigabe-Prozedere festgeschrieben?“

Stefan Euler weiß durch seine Arbeit als geprüfter Sachverständiger Elektrotechnik, wie wichtig es ist, Prozesse im Vorfeld nicht nur zu durchdenken, sondern auch die jeweils erforderlichen Schritte und Zuständigkeiten schriftlich und eindeutig festzulegen. Wichtig ist dies vor allem dort, wo es Schnittstellen gibt, und wo Verantwortlichkeiten von einer Hand in eine andere übergehen. In seinem Vortrag auf dem „Expertennetzwerk für Verantwortliche im Elektrobereich“, das vom Essener Haus der Technik (hdt) jährlich veranstaltet wird, beleuchtet Euler dies anhand der Phase des Probebetriebs.

Wichtig ist es, Inbetriebnahme und Probebetrieb klar voneinander zu unterscheiden: Im Gegensatz zur späteren Inbetriebnahme durch den Käufer einer Anlage oder einer Maschine dient der Probebetrieb dazu, ihre Funktionen und Eigenschaften zu überprüfen sowie Fehler zu erkennen und zu beseitigen. Sie findet somit vor der betriebsbereiten Übergabe an den neuen Besitzer statt. Also ist es der Hersteller, der diese Endprüfung durchführt, und so ist es auch der Hersteller, bei dem zu diesem Zeitpunkt die Betreiberverantwortung liegt – auch wenn der Probebetrieb bereits in den Räumen des zukünftigen Betreibers stattfindet.
Da der Probebetrieb oft schon beim Käufer stattfindet und der auch nicht selten Mitarbeiter für den Probebetrieb zur Verfügung stellt, mahnt Euler dringend dazu, im Vorfeld die Details vertraglich zu klären: Etwa, wer für die Abstimmung zuständig ist, wer über eine Zugangsberechtigung verfügt oder wie die Freigabe abläuft und nach welchem Verfahren sie schriftlich dokumentiert wird.

Euler empfiehlt, dem Probebetrieb besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Warum? „Hier lauern besonders hohe Unfall und Gesundheitsgefahren – etwa durch häufig hohen Zeitdruck, unvorhergesehene Probleme, Ermüdung, Lärm, schwierige Kommunikation, gleichzeitig arbeitende unterschiedliche Gruppen, ungeeignete Schutzeinrichtungen oder noch fehlerhafte Technik“, so der Experte. Bereits beim Probebetrieb sollten die Schutzmaßnahmen des Normalbetriebs ergriffen sein, soweit dies möglich ist. Da jedoch die jeweilige Anlage meist noch im Aufbau begriffen ist und an ihr montiert wird, ist dies oft nur teilweise möglich. Deshalb ist es beim Probebetrieb besonders wichtig, der Sicherheit zusätzlichen Raum zu geben. Konkret heißt dies: nach dem Arbeitsschutzgesetz die Gefährdung beurteilen und ein Sicherheitskonzept mit zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen erarbeiten!
Eindeutig regeln sollte man im Vorfeld, wer von den beteiligten Firmen und von den eigenen Mitarbeitern welche Verantwortung trägt und welche Kompetenzen wahrnimmt. „Benennen Sie immer einen geeigneten (!) verantwortlichen Leiter mit Weisungsbefugnis für den Probebetrieb, bei längeren Probebetriebsphasen auch einen Stellvertreter – und übertragen sie ihm konkrete Aufgaben!“, rät Euer. Dies entspricht auch den Empfehlungen, die im Inforationsblatt Nr. 016 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung festgehalten sind, das sich ausführlich mit dem Probebetrieb befasst. Es besagt auch, welche Aufgaben dem Leiter eines Probebetriebs zufallen, nämlich: – den Ablauf des Probebetriebs festlegen, – Gefährdungen und Risiken beurteilen, -Gefahrenbereiche festlegen und kennzeichnen, – Schutzmaßnahme festlegen und überprüfen, – Mitarbeiter unterweisen und beauftragen, – Erste Hilfe und Rettungswagen sicherstellen, – Schaltberechtigungen festlegen und – die Qualifikation der Mitarbeiter auch hinsichtlich ihrer Sprachkenntnisse überprüfen. Außerdem hat er sicherzustellen, dass er selbst bei allen Mitarbeitern bekannt und immer erreichbar ist.

Autor: Bernadett Groß

Info: Wichtige Informationen zum Thema Gefahrenvermeidung beim Probebetrieb gibt es im Fachausschuss-Informationsblatt Nr. 016 „Probebetrieb von Maschinen und maschinellen Anlagen“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.
Stefan Euler ist Mitglied der Geschäftsführung der MEBEDO Consulting GmbH & MEBEDO Akademie GmbH.

Tipp!

Der Vortrag von Stefan Euler fand Ende Mai 2017 vor 130 Teilnehmern des diesjährigen „Expertennetzwerks für Verantwortliche im Elektrobereich“ statt. Diese Tagung wird jährlich vom Haus der Technik (hdt) veranstaltet und findet im kommenden Jahr vom 06. – 07. Juni 2018 in Köln statt.