Befehlsverweigerung kann wichtig sein
HDT-Tagung behandelte Elektrounfälle vor Gericht
Wird nach Elektrounfällen in Betrieben strafrechtlich ermittelt, steht die verantwortliche Elektrofachkraft (VEFK) besonders im Fokus.
Gut, wenn sie sich nichts vorzuwerfen hat. Besser – und im Ernstfall existentiell –, wenn sie dies auch belegen kann. Deshalb, so rät der Rechtsanwalt Claus Eber, immer alles gut schriftlich dokumentieren – insbesondere wenn es um Verantwortlichkeiten oder Kontrollpflichten gehe: „Urkunden und Schriftstücke sind und bleiben die besten Beweismittel, insbesondere vor Gericht!“, sagte der Jurist in seinem Vortrag auf der Tagung „6. Expertennetzwerk für Verantwortliche im Elektrobereich“, die Ende Mai 2017 in Heidelberg stattfand und vom Haus der Technik (hdt) veranstaltet wird.
Wichtig sei, bei der Dokumentation keine juristisch schwammigen Begriffe zu verwenden, sondern klar zu formulieren: also „muss“, „hat zu“ oder „ist verpflichtet“ statt „kann“, „soll“ oder „darf“, „leitet verantwortlich“ statt „leitet“, oder „hat folgende Aufgaben“ statt „wirkt mit“.
Und wenn es Versäumnisse gab? Wenn man sich unschuldig fühlt, weil es schließlich die Vorgesetzten waren, die falsche Anweisungen gaben? Hier ist Vorsicht geboten! Die Vorgesetzten stehen zwar grundsätzlich in der Verantwortung, die verantwortliche Fachkraft jedoch auch. Auch wenn sie auf Anweisung falsch gehandelt hat, entbindet sie dies nicht von der Verantwortung. Deshalb kann Befehlsverweigerung aus Gründen des Arbeitsschutzes manchmal richtig und wichtig sein. Dies stellte Eber anhand eines realen Falles aus dem Jahr 2010 dar.
Im konkreten Fall hatte ein Geschäftsführern aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen angeordnet, an einer Glasschleifmaschine die Lichtschranke zu deaktivieren, die die Maschine abschaltete, wenn ihr jemand zu nahe kam. Der Leiter Instandsetzung befolgt diese Anweisung. Später entsteht an dieser Maschine ein folgenschwerer Unfall: Ein Azubi beugt sich über die Maschine, wird eingezogen und stirbt.
Der anschließende Strafprozess macht die juristische Verantwortung auch der Fachkraft deutlich: Unter anderen wird auch der Leiter Instandsetzung wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Er hatte zwar auf Anweisung gehandelt, jedoch die Sicherheitseinrichtung eigenhändig manipuliert, und dies, obwohl objektiv vorhersehbar war, dass dies zu einem tödlichen Unfall an der Maschine führen könne. Es wäre ihm zumutbar gewesen, so argumentierte das Gericht, die Manipulation zu verweigern. Er sei zwar faktischer Befehlsempfänger gewesen, aber trotz seines Angestelltenverhältnisses hätte er unter Berufung auf den Arbeitsschutz die technische Veränderung verweigern müssen.
Autor: Bernadett Groß